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Die Persönlichkeitsstörung

Wissenswertes zum Thema "Persönlichkeitsstörung"

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 Die Persönlichkeitsstörung

 
Als Persönlichkeitsstörungen werden Störungen der Persönlichkeit bezeichnet insofern bestimmte Merkmale der Persönlichkeitsstruktur in besonderer Weise ausgeprägt, unflexibel und wenig angepasst sind. Sie bezeichnen Erlebens- und Verhaltensmuster aufgrund Entwicklungsbedingungen in der Kindheit und späteren Lebensabschnitten, genetischer Faktoren und/oder erworbener Hirnschäden. Diese Verhaltensmuster weichen von einem flexiblen, situationsangemessenen Erleben und Verhalten in charakteristischer Weise ab. Die persönliche und soziale Funktions- und Leistungsfähigkeit ist meistens beeinträchtigt.

Persönlichkeitsstörungen werden nach charakteristischen Merkmalen unterteilt, wobei jedoch häufig Überschneidungen vorkommen. In der Psychiatrie und klinischen Psychologie wurden verschiedene Typologien oder Klassifikationssysteme entwickelt, wie ICD-10 und DSM-IV. Nach ICD-10 gehören die Persönlichkeitsstörungen zum Symptomkomplex Psychische und Verhaltensstörungen.

 

 


Geschichte der Diagnose Persönlichkeitsstörungen

Der Begriff Persönlichkeitsstörung wurde ursprünglich synonym mit dem Begriff Psychopathie verwendet. Bereits Pinel (1809) unterschied zwischen Psychotikern und Psychopathen und benützte dabei den Begriff manie sans delire, wobei er Psychopathie als eine Beeinträchtigung der affektiven Funktionen bei ungestörten Verstandeskräften definierte. Morel (1857) glaubte an die Degenerationslehre, dass gewohnheitsmäßige Dissozialität wohl durch die Umwelt entstünden, dann aber in einer Art Lamarckismus genetisch weitergegeben werden könnten. Das erste Diathese-Stress-Modell der Persönlichkeitsstörungen wurde von Magnan & Lagrain (1895) vorgestellt, die vererbten neurophysiologischen Faktoren eine entscheidende Rolle für das Risiko (die Vulnerabilität) eine Persönlichkeitsstörung zu entwickeln zusprachen, die aber erst durch psychosoziale Stressoren wirken könnten. Der Begriff Psychopathie wurde vor allem durch das Buch von Koch (1893) Psychopathische Minderwertigkeiten geprägt. Koch war ebenfalls Anhänger einer genetischen Degenerationslehre, und beschrieb verschiedene Störungstypen wie zart Besaitete oder Stadt- und Weltverbesserer. Diese Form der genetischen Degenerationslehre diente im Dritten Reich in Deutschland als Begründung für eugenische Säuberungsaktionen. Um die Jahrhundertwende zum 20. Jahrhundert erfolgt ein Paradigmenwechsel weg von der Degenerationslehre hin zur Konstitutionslehre. Besonders die deutschen Psychiater Kraepelin und Kretschmer brachten konstitionelle Faktoren wie Triebstärke oder Körperbau mit verschiedenen Störungen in Verbindung. Kretschmer untersuchte dabei typische Körperbauformen und damit korrelierende Risiken für psychische Erkrankungen. Mit Kurt Schneiders Die psychopathischen Persönlichkeiten (1923) verschwindet in der Terminologie die wertende Begrifflichkeit und es sind in seinen 10 verschiedenen Typen bereits die meisten der heute bekannten Persönlichkeitsstörungen enthalten. Erst 1980 wurde durch die Einführung des DSM-III der Begriff Psychopathie durch Persönlichkeitsstörung ersetzt. Psychopathie bezeichnet dagegen in der heutigen forensisch-psychiatrischen Nomenklatur eine schwere Störung des Sozialverhaltens, die Bezüge zur Dissozialen/Antisozialen Persönlichkeitsstörung aufweist.

 

 

 

 

 

Klassifikation nach ICD-10

F60

Spezifische Persönlichkeitsstörungen

 

F60.0

Paranoide Persönlichkeitsstörung

 

F60.1

Schizoide Persönlichkeitsstörung

 

F60.2

Dissoziale Persönlichkeitsstörung

 

F60.3

Emotional instabile Persönlichkeitsstörung

 

F60.4

Histrionische Persönlichkeitsstörung

 

F60.5

Anankastische [zwanghafte] Persönlichkeitsstörung

 

F60.6

Ängstliche (vermeidende) Persönlichkeitsstörung

 

F60.7

Abhängige (asthenische) Persönlichkeitsstörung

 

F60.8

Sonstige spezifische Persönlichkeitsstörungen

 

F60.9

Persönlichkeitsstörung, nicht näher bezeichnet

 

F61

Kombinierte und andere Persönlichkeitsstörungen

 

F21

Schizotype Störung

 

 

 

Cluster-Einteilung nach DSM-IV und ICD-10

Kategorisierung

 

ICD-10

DSM-IV

Cluster A
sonderbar, exzentrisch

paranoide PS (F60.0)
schizoide PS (F60.1)

paranoide PS
schizoide PS
schizotypische PS

Cluster B
dramatisch, emotional

emotional instabile PS: vom Borderline-Typ
oder vom impulsiven Typ (F 60.3)
histrionische PS (F60.4)
dissoziale PS (F60.2)

Borderline-PS
histrionische PS
dissoziale PS
narzisstische PS

Cluster C
ängstlich, vermeidend

ängstliche PS (F60.6)
abhängige PS (F60.7)
anankastische PS (F60.5)
passiv-aggressive PS (F60.8)

selbstunsichere PS
abhängige PS
zwanghafte PS
(passiv aggressive PS)

 

Die schizotypische Persönlichkeitsstörung oder schizotype Störung wird nach der multiaxialen Bewertung des DSM-IV ebenfalls als Persönlichkeitsstörung (Achse II) gewertet. Im ICD-10 wird sie unter den Kodierungen F2X (Schizophrenie, schizotype und wahnhafte Störungen) gelistet. Dort heißt es: „Entwicklung und Verlauf entsprechen gewöhnlich einer Persönlichkeitsstörung.“ (ICD 10, 2002).

 

Klassifizierung nach ICD-10

Paranoide Persönlichkeitsstörung

Die paranoide Persönlichkeitsstörung (ICD-10: F60.0) ist gekennzeichnet durch Misstrauen (bis hin zur häufigen Annahme von Verschwörungen, um Ereignisse zu erklären), Streitsucht, dauernden Groll und starke Selbstbezogenheit. Handlungen oder Äußerungen anderer Personen werden häufig als feindlich missdeutet.

Schizoide Persönlichkeitsstörung

Im ICD-10 wird die schizoide Persönlichkeitsstörung (ICD-10: F60.1) (nicht zu verwechseln mit schizotypische Persönlichkeitsstörung) so beschrieben: „Eine Persönlichkeitsstörung, die durch einen Rückzug von affektiven, sozialen und anderen Kontakten mit übermäßiger Vorliebe für Phantasie, einzelgängerisches Verhalten und in sich gekehrte Zurückhaltung (alone in the dark) gekennzeichnet ist. Es besteht nur ein begrenztes Vermögen Gefühle auszudrücken und Freude zu erleben.“


Dissoziale Persönlichkeitsstörung

Typisch für die dissoziale Persönlichkeitsstörung (ICD-10: F60.2) sind Verantwortungslosigkeit und Missachtung sozialer Normen, Regeln und Verpflichtungen, fehlendes Schuldbewusstsein sowie geringes Einfühlungsvermögen in andere. Oft besteht eine niedrige Schwelle für aggressives oder gewalttätiges Verhalten, eine geringe Frustrationstoleranz sowie mangelnde Lernfähigkeit aufgrund von Erfahrung. Beziehungen zu anderen Menschen werden eingegangen, sind jedoch nicht stabil.

Menschen mit dissozialer Persönlichkeitsstörung kommen häufiger als im Bevölkerungsdurchschnitt mit dem Gesetz in Konflikt. Der ältere Begriff Psychopathie für diese Störung wird in der aktuellen deutschsprachigen Literatur nicht mehr verwendet.


Emotional instabile Persönlichkeitsstörung

Die wesentlichen Merkmale der emotional instabilen Persönlichkeitsstörung oder Borderline-Persönlichkeitsstörung sind nach ICD 10 impulsive Handlungen ohne Berücksichtigung der Konsequenzen; häufige, unvorhersehbare und launenhafte Stimmungsschwankungen; Neigung zu intensiven und instabilen Beziehungen, oft mit der Folge emotionaler Krisen; Störungen und Unsicherheit bezüglich des Selbstbildes, Zielen und inneren Präferenzen; anhaltendes Gefühl der Leere; heftige Zornesausbrüche mit teilweise gewalttätigem Verhalten gegen andere oder gegen sich selbst: autoaggressive Verhaltensweisen und mangelnde Impulskontrolle, welche ein überdauerndes Erlebens- und Verhaltensmuster darstellen. Ferner besteht eine Tendenz zu streitsüchtigem Verhalten und Konflikten mit anderen, insbesondere, wenn impulsive Handlungen unterbunden oder getadelt werden. Ein wichtiges Kennzeichen dieser Störung ist die große Angst vor dem Alleinsein. Menschen mit dieser Erkrankung haben gelegentlich ausgeprägte Trennungsängste, Verlustängste oder Angst vor Isolation, obwohl kein konkreter Grund dazu gegeben ist.

Die ICD-10 unterscheidet zwei Erscheinungsformen dieser Störung: ein impulsiver Typus (F60.30), vorwiegend gekennzeichnet durch emotionale Instabilität und mangelnde Impulskontrolle, und der Borderline-Typus (F60.31). Der Merkmalskatalog der American Psychiatric Association (DSM-IV) spricht dagegen von einer Borderline-Persönlichkeitsstörung (Diagnose-Nr. 301.83) ohne solche Unterformen.

Histrionische Persönlichkeitsstörung

Kennzeichnend für die histrionische Persönlichkeitsstörung (ICD-10: F60.4), früher als hysterische Persönlichkeitsstörung bezeichnet, sind Übertreibung, theatralisches Verhalten, Tendenz zur Dramatisierung, Oberflächlichkeit, labile Stimmungslage, gesteigerte Beeinflussbarkeit, dauerndes Verlangen nach Anerkennung und der Wunsch, im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu stehen, erhöhte Kränkbarkeit, sowie ein übermäßiges Interesse an körperlicher Attraktivität.

Personen mit diesem Krankheitsbild verfügen oftmals über hohes schauspielerisches Talent, sie schreiben sich für viele Lebenslagen eigene Rollen zu, die sie perfekt über die Bühne bringen, um sich in der jeweiligen Situation am besten darzustellen. Falls sie einmal nicht die gewünschte Aufmerksamkeit bekommen sollten, stellt dies eine extrem bedrohliche Situation für jene dar, da sie sich plötzlich völlig hilflos und ausgeschlossen fühlen. Besonders in größeren Gesellschaften kann dies verheerende Reaktionen hervorrufen, denn oftmals greifen diese Betroffenen zu drastischen, fast gewollt schockierenden Mitteln, die unter Umständen gefährlich oder abartig sein können. Menschen mit histrionischer Persönlichkeitsstörung haben die Tendenz zu lügen, erfinden besonders extreme Geschichten oder selbst erlebte Abenteuer, um die Aufmerksamkeit anderer zu erzwingen. Von ihrem Umfeld werden diese Personen manchmal als unglaubwürdig eingeschätzt.


Anankastische (zwanghafte) Persönlichkeitsstörung

Die anankastische (zwanghafte) Persönlichkeitsstörung (ICD-10: F60.5) ist gekennzeichnet durch Gefühle von Zweifel, Perfektionismus, übertriebene Gewissenhaftigkeit, ständige Kontrollen, allgemein große Vorsicht und Starrheit in Denken und Handeln, die sich als Unflexibilität, Pedanterie und Steifheit zeigt.

Typisch ist des Weiteren die übermäßige Beschäftigung mit Details und Regeln, so dass die eigentliche Aktivität oftmals in den Hintergrund tritt. Es können beharrliche und unerwünschte Gedanken oder Impulse auftreten, die nicht die Schwere einer Zwangsstörung erreichen.

Die Fähigkeit zum Ausdruck von Gefühlen ist häufig vermindert. In zwischenmenschlichen Beziehungen wirken Betroffene dementsprechend kühl und rational. Die Anpassungsfähigkeit an die Gewohnheiten und Eigenheiten der Mitmenschen ist eingeschränkt. Vielmehr wird die eigene Prinzipien- und Normentreue von anderen erwartet.

Menschen mit zwanghafter Persönlichkeitsstörung sind meist übermäßig leistungsorientiert und perfektionistisch. Daher erweisen sie sich im Arbeitsleben als fleißig, übermäßig gewissenhaft und übergenau, wobei der überstrenge Perfektionismus die Aufgabenerfüllung mitunter verhindert. Ihre Angst vor Fehlern behindert die Entscheidungsfähigkeit der Betroffenen. Etwa ein Prozent der Gesamtbevölkerung sind von einer anankastischen Persönlichkeitsstörung betroffen.

Ängstliche Persönlichkeitsstörung

Die ängstliche Persönlichkeitsstörung (auch: ängstlich-vermeidende Persönlichkeitsstörung, ICD-10: F60.6) ist gekennzeichnet durch übermäßige Sorge bis hin zur Überzeugung, abgelehnt zu werden, unattraktiv oder minderwertig zu sein. Folgen sind andauernde Angespanntheit und Besorgtsein, der Lebensstil ist wegen des starken Bedürfnisses nach Sicherheit starken Einschränkungen unterworfen. Teilweise sind Betroffene überempfindlich gegenüber Ablehnung oder Kritik.


Abhängige (asthenische) bzw. dependente Persönlichkeitsstörung

Die abhängige Persönlichkeitsstörung (ICD-10: F60.7) ist geprägt durch mangelnde Fähigkeit zu eigenen Entscheidungen, ständiges Appellieren an die Hilfe anderer, Abhängigkeit von und unverhältnismäßige Nachgiebigkeit gegenüber anderen, Angst, nicht für sich selbst sorgen zu können und der Angst, von einer nahestehenden Person verlassen zu werden und hilflos zu sein.

Schizotypische Persönlichkeitsstörung

Die schizotypische Persönlichkeitsstörung oder schizotype Störung (nicht zu verwechseln mit der schizoiden Persönlichkeitsstörung) zeichnet sich aus durch ein tiefgreifendes Verhaltensdefizit im zwischenmenschlichen oder psychosozialen Bereich. Das äußert sich in Verhaltenseigentümlichkeiten, mangelnder Fähigkeit zu engen persönlichen Beziehungen und Verzerrungen in Denken und Wahrnehmung. Das Auftreten ist oft schrullig und exzentrisch. Im ICD-10 wird diese Störung den „schizophrenen und wahnhaften Störungen“ (F2x) zugeordnet, im DSM-IV den Persönlichkeitsstörungen, wo sie zusammen mit der schizoiden und der paranoiden Persönlichkeitsstörung dem „schizophrenen Spektrum“ zugeordnet wird.

Narzisstische Persönlichkeitsstörung

Die narzisstische Persönlichkeitsstörung zeichnet sich aus durch mangelndes Selbstbewusstsein und Ablehnung der eigenen Person nach innen, wechselnd mit übertriebenem und sehr ausgeprägtem Selbstbewusstsein nach außen. Daher sind diese Personen immer auf der Suche nach Bewunderung und Anerkennung, wobei sie anderen Menschen wenig echte Aufmerksamkeit schenken. Sie haben ein übertriebenes Gefühl von Wichtigkeit, hoffen eine Sonderstellung einzunehmen und zu verdienen. Sie zeigen ausbeutendes Verhalten und einen Mangel an Empathie. Es können wahnhafte Störungen mit Größenideen auftreten. Zudem zeigen Betroffene eine auffällige Empfindlichkeit gegenüber Kritik, die sie nicht selten global verstehen, was in ihnen Gefühle der Wut, Scham oder Demütigung hervorruft.

Einige Tiefenpsychologen meinen, dass bei Betroffenen die ideale Vorstellung von sich selbst mit dem realen Selbst in gewisser Weise verschmolzen ist. Weiter ist das Selbst gespalten in Ideal-Selbst und entwertetes Selbst. Diese Selbstrepräsentanzen werden auf äußere Objekte projiziert.

Häufigkeit in der Gesamtbevölkerung: etwa 1,0 Prozent, wobei beachtet werden muss, dass verschiedene Klassifizierungsverfahren und unterschiedliche Diagnosen diesen Wert zwischen 0,5 und 2,5 Prozent schwanken lassen.

Die narzisstische Persönlichkeitsstörung wird im ICD 10 nur unter der Rubrik „Andere spezifische Persönlichkeitsstörungen (F 60.8)“ aufgeführt, jedoch nur im Anhang I der Ausgabe „Forschungskriterien“ weiter charakterisiert, obwohl sie als Persönlichkeitsdiagnose häufig gebraucht wird. Im anderen großen multiaxialen Klassifikationssystem, dem DSM-IV der American Psychiatric Association, wird die narzisstische Persönlichkeitsstörung auf Achse-II verortet, genauer im Cluster B, der die „launisch, dramatisch, emotionalen“ Persönlichkeitsstörungen beinhaltet, so zum Beispiel unter anderem die Borderline-Persönlichkeitsstörung.

Nicht selten geht die narzisstische Persönlichkeitsstörung mit der Borderline-Persönlichkeitsstörung Hand in Hand. Aus diesem Grund kann es passieren, dass Ärzte die Narzisstische Persönlichkeitsstörung mit der Borderline-Persönlichkeitsstörung gleichsetzen.

 

Passiv-aggressive Persönlichkeitsstörung

Die passiv-aggressive Persönlichkeitsstörung ist gekennzeichnet durch ein tiefgreifendes Muster negativistischer Einstellungen und passiven Widerstandes gegenüber Anregungen und Leistungsanforderungen, die von anderen Menschen kommen. Sie fällt insbesondere durch passive Widerstände gegenüber Anforderungen im sozialen und beruflichen Bereich auf und durch die häufig ungerechtfertigte Annahme, missverstanden, ungerecht behandelt oder übermäßig in die Pflicht genommen zu werden. Ein eigener DSM-Code existiert nicht und in der ICD-10 und ihren Vorläuferinnen wird die Störung nur in F60.8 aufgeführt, jedoch nur in der Ausgabe „Forschungskriterien“ im Anhang I durch Kriterien genauer beschrieben.


Kombinierte Persönlichkeitsstörung

Eine kombinierte Persönlichkeitsstörung (ICD-10-Code F61) wird diagnostiziert, wenn den Symptomen der Betroffenen keine bestimmten Persönlichkeitsstörungen zuzuordnen sind, sondern die Symptome sich aus verschiedenen Symptomen unterschiedlicher Persönlichkeitsstörungen zusammensetzen. So kann die betroffene Person beispielsweise paranoide, schizoide und emotional-instabile Verhaltensweisen gleichzeitig aufweisen, ohne in eines der Schemata zu passen.


Persönlichkeitsentwicklungsstörungen bei Kindern und Jugendlichen

Bei Kindern und Jugendlichen finden sich in seltenen Fällen Vorformen oder Risikokonstellationen von Persönlichkeitsstörungen. Da die Entwicklung der Persönlichkeit noch nicht vollendet ist, wird hier eher von einer Persönlichkeitsentwicklungsstörung gesprochen.


Häufigkeit

Gemäß Stichproben sind Persönlichkeitsstörungen in der (US-amerikanischen) Bevölkerung in 3,4-14,8% anzutreffen, wobei Frauen seltener betroffen sind. In der Verteilung der einzelnen Gruppen von Persönlichkeitsstörungen (nach DSM-IV) sind keine geschlechtsspezifischen Unterschiede erhebbar; dissoziale Persönlichkeitsstörung finden sich allerdings und erstaunlicherweise mehr bei Frauen. Weiterreichende Studien beinhalten allgemein nur einen geringen Frauenanteil, sodass die Aussagekraft dieser Studien eingeschränkt sein könnte.

Ursachen

Es existiert keine einheitliche Vorstellung über die Ursachen oder die Entstehung von Persönlichkeitsstörungen. Die Entwicklung der gesunden und gestörten Persönlichkeit wird als Ergebnis komplexer Wechselwirkungen aus Umweltfaktoren (Eltern, soziales Umfeld) und Anlagefaktoren (genetisch) gesehen.

Die verschiedenen Erklärungsansätze der Psychologie bewerten einzelne Aspekte stärker als andere, ergänzen sich jedoch im Großen und Ganzen. Aus Sicht der Tiefenpsychologie werden Störungen in der kindlichen Entwicklung als ursächlich oder begünstigend für die Ausbildung von Persönlichkeitsstörungen angenommen. Beispielsweise werden ein dysfunktionales soziales Umfeld und eventuelle traumatische Erlebnisse als belastende Faktoren angesehen. Die klassische Psychoanalyse wertet die Prozesse der Identitätsentwicklung stärker. Lerntheoretische Ansätze betonen, dass Persönlichkeitsstörungen im Kern ein gelerntes Verhalten darstellen. Prinzipien des operanten Konditionierens (Beeinflussen durch positive oder negative Verstärkung) sowie des Modell-Lernens, dem Lernen am Beispiel, führen demnach dazu, dass bereits angelegte Verhaltensgrundlagen verstärkt werden. Diese Verhaltenstheorie ist im Grunde der Ansatz für die moderne Verhaltenstherapie, die beispielsweise bei der Behandlung der Borderline-Symptomatik empirisch belegte Behandlungserfolge aufweist.

Begleiterkrankungen

Große Überlappungen bestehen zwischen Persönlichkeitsstörungen und dem (problematischen) Gebrauch psychotroper Substanzen. Während 16,4 % der Individuen mit einer Persönlichkeitsstörung einen problematischen Alkoholkonsum aufweisen und 5,5 % illegale Drogen konsumieren, haben umgekehrt 28,6 % der Personen mit problematischem Alkoholkonsum und 47,7 % der Personen mit einem problematischen Drogenkonsum zumindest eine Persönlichkeitsstörung.

Behandlung

Die Behandlung von Persönlichkeitsstörungen erfolgt in erster Linie mit psychotherapeutischen Verfahren, wie psychoanalytischer oder tiefenpsychologischer (nach Peter Fonagy oder Otto F. Kernberg) Therapie sowie mit kognitiver Verhaltenstherapie (nach Aaron T. Beck oder Marsha M. Linehan). Auch kommen in einigen Fällen Medikamente, meist Psychopharmaka, zum Einsatz. Diese bewirken jedoch nur eine Abmilderung von Symptomen; so können beispielsweise einige Antidepressiva oder Antipsychotika impulsive Handlungen oder selbstverletzende Handlungen reduzieren. Bei gleichzeitig bestehenden anderen psychiatrischen Erkrankungen wie zum Beispiel Depressionen, sollten diese mitbehandelt werden, hier sind antidepressiv wirksame Medikamente durchaus indiziert. Therapien dauern oft viele Jahre, stellen große Ansprüche an die Therapeuten. Bei manchen Typen ist Suizidalität und selbstverletzendes Verhalten vorhanden, wie beispielsweise bei der Borderline-PS, bei anderen die Tendenz zu Drogenmissbrauch, wie zum Beispiel bei der Narzisstischen PS, oder Delinquenz und Gewalttätigkeit. Sehr häufig geht eine Depression mit einer Persönlichkeitsstörung einher, selten psychotische, also wahnhafte Symptome, so zum Beispiel bei der schizotypen PS. Alle diese Faktoren erschweren die therapeutische Arbeit.

Es ist fraglich, ob Persönlichkeitsstörungen mit psychiatrisch-psychotherapeutischen Interventionen so behandelt werden können, dass eine vollständige Heilung eintritt. Oftmals wird darauf hingewiesen, dass die Behandlung eine Besserung der psychischen Störung zum Ziel hat. In verschiedenen Studien zum Behandlungserfolg von Persönlichkeitsstörungen konnten Therapieeffekte nachgewiesen werden, nach denen die Diagnose einer Persönlichkeitsstörung nicht mehr gerechtfertigt war. Aber auch hier kann nicht von einer vollständigen Genesung gesprochen werden, lediglich von einer starken Verbesserung.


 Quelle: www.wikipedia.de

 

 

 
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