Wissenswertes zum Thema ">Burnout-Syndrom"
Ein Burnout-Syndrom (engl. (to) burn out: „ausbrennen“) bzw. Ausgebranntsein ist ein Zustand ausgesprochener emotionaler Erschöpfung mit reduzierter Leistungsfähigkeit, das als Endzustand einer Entwicklungslinie bezeichnet werden kann, die mit idealistischer Begeisterung beginnt und über frustrierende Erlebnisse zu Desillusionierung und Apathie, psychosomatischen Erkrankungen und Depression oder Aggressivität und einer erhöhten Suchtgefährdung führt.
Burnout ist keine Krankheit mit eindeutigen diagnostischen Kriterien (siehe Abschnitt ICD), sondern eine körperliche, emotionale und geistige Erschöpfung aufgrund beruflicher Überlastung und wird meist durch Stress ausgelöst, der nicht bewältigt werden kann. Burnout wurde zunächst bei Helfenden Berufen beschrieben und ist auch in zahlreichen anderen Berufsgruppen zu beobachten. Dazu gehören Sportler, Politiker, Forschungsmitarbeiter, Langzeitpflegende kranker Angehöriger bis hin zum Verkäufer.
Der Begriff „Burnout“ wurde 1974 von dem Psychoanalytiker Herbert Freudenberger eingeführt. „Helfende Berufe“ (Ärzte, Heilpraktiker, Pflegeberufe, Rettungsdienstpersonal, Lehrer, Sozialarbeiter, Erzieher) fielen ihm durch angeblich besonders häufige Krankschreibung, Arbeitsunfähigkeit oder Frühverrentung auf. Ursache war seiner Meinung nach eine besonders hohe Arbeitsbelastung, gepaart mit einem besonders hohen persönlichen Engagement, beides würde zum „Ausbrennen“ führen. Ins Blickfeld der Medien kam das Syndrom, nachdem einige Fälle unter Prominenten ähnlich interpretiert wurden.
Die charakteristischen Merkmale sind eine körperliche und emotionale Erschöpfung, anhaltende physische und psychische Leistungs- und Antriebsschwäche, sowie der Verlust der Fähigkeit, sich zu erholen. Ebenso möglich ist eine zynische, abweisende Grundstimmung gegenüber Kollegen, Klienten und der eigenen Arbeit festzustellen. Burnout ist nicht nur ein persönliches Problem des Betroffenen, sondern gefährdet aufgrund seiner „ansteckenden“ Natur das berufliche Umfeld. Auch wenn sich die Krankheitshäufigkeit (Prävalenz) des Burnout-Syndroms nicht feststellen lässt, wird eine allgemeine Steigerung des Burnout-Risikos aufgrund sich verändernder Lebens- und Arbeitsbedingungen erwartet.
Ein Spruch sagt: „Nur jemand, der einmal entflammt war, kann auch ausbrennen!“ (Pines, Aronson & Kafry, 1985)
Auffallende Merkmale der Anfangsphase sind beispielsweise:
Ob auch akute, das heißt kurzzeitige Überbelastung zum Beispiel in Grenzlagen zu Burnout führen kann, ist nicht belegt, jedoch aufgrund der beschriebenen Charakteristika untypisch.
Die völlige Hinwendung zu einem Bereich, z. B. zum Klienten in der Arbeit, kann nach einiger Zeit genau das Gegenteil hervorrufen, nämlich den (inneren) Rückzug.
Folgende auffallende Merkmale sind zu beobachten:
Emotionale Reaktionen sind das Produkt „emotionaler Produktion“ und nicht notwendigerweise irrational, müssen aber auch auf der emotionalen Ebene verstanden und angesprochen werden, wenn die mit ihnen konstruierten Ursachenzusammenhänge Attributionsfehler enthalten und die Tatsachen nicht richtig abbilden. Die mit Burnout verbundenen Probleme führen besonders zur Desillusionierung und fordern oft das Aufgeben von wichtigen Lebenszielen. Dies ist sehr schmerzlich und muss verarbeitet werden. Bei der Aufarbeitung kann es zu Schuldzuweisungen kommen, die die tatsächlichen Ursachen nicht widerspiegeln. Diese kann sich als Aggression entweder gegen sich selbst oder gegen andere wenden. Betroffene fühlen sich oft hilflos, sie entwickeln Schuldgefühle und mindern ihr Selbstwertgefühl. Oder sie machen der Umwelt Vorwürfe für Ursachen, die nicht umweltbedingt sind. Auch kann es zur Ablehnung hilfreicher Veränderungen der Arbeit und zu Wutausbrüchen kommen.
In diesem Stadium können die Probleme, wenn man sie ernst nimmt, noch erfolgreich gelöst werden.
Dauern die Probleme über längere Zeit an, führen sie zu einem Abbau des Engagements, der zunächst in der Arbeit durch folgende Symptome sichtbar wird:
Auch das Privatleben wird beeinträchtigt: Die Betroffenen ziehen sich immer mehr zurück, pflegen kaum mehr Freundschaften, trennen sich vom Partner und vereinsamen.
Zudem kommt es nicht nur zum Abbau in der Arbeit, sondern auch generell zur Verflachung des emotionalen, mentalen und sozialen Lebens.
Folgende Symptome treten häufig auf:
Im Endstadium des Burnouts erlebt der Betroffene existenzielle Verzweiflung. Die Einstellung zum Leben ist überwiegend negativ und das Gefühl der Hilflosigkeit und Niedergeschlagenheit verdichtet sich zur Depression. Zuletzt folgt totale Sinnlosigkeit, die oft im Suizid oder einem selbstverletzenden Verhalten endet.
Es gibt mehrere anerkannte Methoden zur Diagnose des Burnouts:
Burnout ist immer als ein Prozess zu verstehen, den man in Phasen unterteilen kann. Es gibt allerdings nicht den typischen Verlauf des Burnouts. So wurden zahlreiche Phasentheorien entwickelt, unter anderem von Herbert Freudenberger, Lauderdale, Jerry Edelwich, Christina Maslach, Stevan Hobfoll und Cary Cherniss. Freudenberger und Lauderdale haben überwiegend Fälle aus der Wirtschaft betrachtet, während sich J. Edlewich, C. Maslach, und C. Cherniss mit solchen aus helfenden Berufen befasst haben. Hobfoll geht auf beide Gruppen ein.
Hier wird eine Entwicklung von einem empfindsamen zu einem empfindungslosen Stadium beschrieben.
Lauderdale beschreibt einen Weg von der Verwirrung über die Frustration zur Verzweiflung:
Auch bei dieser Theorie wird ein Prozess über mehrere Phasen hinweg erläutert:
Diese Theorie gliedert den Krankheitsablauf in folgende Phasen:
Cherniss zeigt folgende drei Phasen auf:
Hobfoll beschreibt die Entwicklung von Ressourcenverlusten im Kontext der Burnout-Symptomatik nach Maslach, sagt aber keine Auftretensreihenfolge der drei Burnout-Komponenten vorher, sondern postuliert, dass die Existenz einer Komponente die Auftretenswahrscheinlichkeit der beiden anderen erhöht (Buchwald & Hobfoll, 2004). Im Rahmen der Theorie der Ressourcenerhaltung sehen Hobfoll und Buchwald den Verlauf des Burnouts als einen Prozess, bei dem bestehende Ressourcen durch eine permanente Arbeitsbelastung schneller aufgebraucht als ersetzt werden können. Anfängliche Ressourcenverluste können in eine Spirale fortschreitender Verluste münden. Verlustspiralen entstehen vor allem bei Menschen, denen es bereits in der Ausgangssituation an adäquaten Ressourcen mangelt. Im Unterschied zu extremen Stressereignissen, bei denen man rasante Ressourcenverlustspiralen beobachten kann, findet beim Burnout ein eher langsames, aber stetiges Versiegen von multiplen Ressourcen statt. Dieses allmähliche, oft kaum merkliche Verrinnen der Ressourcen im Laufe des Arbeitsprozesses ist ein schleichender Prozess, der jedoch im Endeffekt der Wirkung von extremem Stress kaum nachsteht (Hobfoll, 1998).
Die Phasen könnte man folgendermaßen zusammenfassen:
Diese Phasen lassen sich vor allem gut an den helfenden Berufen aufzeigen. Es wird mit großem Idealismus und guten Vorsätzen an eine Tätigkeit heran gegangen (Phase Enthusiasmus). Die Person merkt aber, dass sie durch ihr Handeln keine Fortschritte erzielt. Stagnation, womöglich Rückschritte frustrieren, machen zynisch gegenüber der Klientel. In der Phase der Apathie ist die berufliche Tätigkeit nur noch unter großen Anstrengungen auszuüben. Man ist unmotiviert, sich neue Ziele zu stecken und häufig fehlt auch das Bewusstsein für seine eigene Situation. In der Phase wirken die Betroffenen äußerst phlegmatisch und können sich selbst zu nichts mehr antreiben, weder beruflich noch privat. Hier sind auch erste körperliche Anzeichen von Erschöpfung sichtbar. Hält dieser Zustand für eine längere Zeit an, spricht man vom Burnout-Syndrom.
Zur Erklärung des Burnout-Syndroms gibt es inzwischen validierte Modelle und Sammlungen einzelner Ursachen.
Ein verbreitetes Modell zur Erklärung des Burnout-Syndroms vor allem in Unternehmen und im Management ist das Konzept des Ungleichgewichts zwischen Anforderungen und Ressourcen, kurz ERI (effort-reward imbalance model von Johannes Siegrist.Dazu hat Siegrist ein entsprechendes Messinstrument entwickelt, den Fragebogen zur Erfassung beruflicher Gratifikationskrisen (engl. ERI questionnaire).Beispiele für Skalen und Items nach der englischen Version des ERI sind:
Das Ungleichgewicht zwischen Effort und Reward ist laut ERI häufig begleitet durch ein übermäßiges Commitment (over-commitment), bei dem die Betroffenen sich regelrecht aufopfern. Das äußert sich in Aussagen wie zum Beispiel: „Schon beim Aufwachen denke ich an die Probleme, die mich tagsüber erwarten“. Hinzu kommen oftmals Schlafstörungen. Die nebenstehende Grafik veranschaulicht zusammenfassend die wichtigsten Kerngedanken der Modelle des Ungleichgewichts von Anforderungen und Ressourcen zusammen. Nach einer empirischen Studie mit 1.587 Testpersonen aus dem Flugzeugbau in Süddeutschland hat dieses Modell nach Daniel Preckel und Co-Autoren eine hohe prädiktive Validität im Hinblick auf die Lebensqualität, die „vital Exhaustion“, also den Kern des Burnout-Syndroms, auf depressive Stimmungen und auf die Schlafqualität. Das bedeutet, dass ein signifikantes Ungleichgewicht (zwischen Anforderungen und Ressourcen) mit großer Wahrscheinlichkeit zum Burnout-Syndrom führen wird. Als Ansatzpunkt zur Vorbeugung und Therapie dieses Syndroms resultiert aus diesem Modell die Wiederherstellung des Gleichgewichts. Dazu sind bestimmte Kompetenzen, wie zum Beispiel der Selbstregulierung, des Selbstmanagements oder der Umsetzungskompetenzen notwendig. Weitere Hinweise enthält der Abschnitt "Burnout-Vorbeugung".
Der Belastung des Menschen durch seine Umwelt steht seine persönliche Widerstandsfähigkeit (Resilienz) gegenüber. Folgende persönliche Aspekte vermindern diese persönliche Belastbarkeit und begünstigen den Burnout:
Folgende Ursachen für Burnout stehen besonders in Zusammenhang mit den Umweltfaktoren der Helfer: Ein Wechsel der Arbeitssituation, wie z. B. ein Wechsel des Vorgesetzten, ein Wechsel der Arbeitsstelle, aber auch die Struktur der Organisation und überhaupt der Einstieg in den Beruf sind häufig Auslöser für das Burnout-Syndrom. Dabei ist ein guter Einführungsprozess vor allem bei Berufsanfängern als vorbeugende Maßnahme sehr wichtig.
Die Arbeitsbelastung stellt eine weitere Einflussgröße dar. Eine konfliktreiche Rolle, die Unmöglichkeit, sich die Klientel auszusuchen, für den Betroffenen schwierige Klientel, die zeitliche und organisatorische Unmöglichkeit, mit der Klientel befriedigend zu arbeiten, und zeitraubende sinnlose Verwaltungsarbeit fördern Burnout. Auch das Ausmaß der intellektuellen Anregung beeinflusst das Burnout-Risiko. Je mehr der Alltag von immer gleicher Routine ohne Herausforderungen bestimmt ist, desto höher ist das Burnout-Risiko. Weiterhin wird Burnout begünstigt durch zu sachlichen, zu einseitigen und zu unpersönlichen Kundenkontakt und durch mangelnde Möglichkeiten des Helfers, sich selbst in die Arbeit einzubringen und eigene Entscheidungen zu treffen.
Zudem steigt die Burnout-Gefährdung, wenn die Ziele und Erfolgskriterien der Arbeit nicht klar definiert sind, wenn das Team nicht die gleichen Ziele verfolgt oder wenn der Helfer Ziele verfolgen muss, die gegen seine eigenen Wertvorstellungen verstoßen. Im Kontakt mit Kollegen kann Burnout dadurch mitverursacht werden, dass der Betroffene Gleichgültigkeit erfährt, keinen Rat und Unterstützung erhält und ihm keine emotionale und strategische Rückendeckung gegeben wird. Außerdem wird Burnout durch „schlechten“ Kontakt zum Vorgesetzten begünstigt, wenn Betroffene beispielsweise zu wenig Rückmeldung, Lob und Anerkennung bekommen. Auch zu starke Kontrolle und schlechtes Arbeitsklima steigern die Burnout-Gefahr.
Ein weiterer Faktor sind die „professional mystiques“. D.h., Ausbildung und Massenmedien vermitteln falsche Bilder wie beispielsweise: dass der Berufsstatus bereits Kompetenz garantiere und die wiederum hohe Erfolgsraten; dass Klienten grundsätzlich kooperativ und dankbar, Kollegen hilfsbereit und solidarisch seien. Weitere wichtige Umweltfaktoren sind private Probleme in Familie oder Partnerschaft, Einsamkeit oder ein schwaches soziales Umfeld. In großen Organisationen kommen noch spezielle Faktoren wie z. B. zu wenig Autonomie und eigene Entscheidungsfreiheit in der Arbeit sowie Rollenambiguität und -konflikte dazu. Hier ist die Gefahr größer, dass mehrere Menschen die gleichen Aufgaben erledigen, dass Unübersichtlichkeit herrscht und der Einzelne Aufgaben übernehmen muss, für die er nicht ausgebildet ist.
Rechtlich feststellbar ist das Vorliegen organisationspsychologischer Ursachen, wenn im Unternehmen psychomentale Belastungen nach ISO 10075 und ISO 9421 nicht gemäß dem Arbeitsschutzgesetz in Gefährdungsbeurteilungen dokumentiert sind. Bewusst fordert der Gesetzgeber hier eine Beurteilung der Arbeitssituation und nicht des einzelnen Mitarbeiters. Auch muss für eine Gefährdungsbeurteilung nicht erst bereits eine konkrete Gefährdung vorliegen, denn beispielsweise ist Bildschirmarbeit an sich schon als Gefährdung definiert, zu deren Abwehr der Unternehmer entsprechende Maßnahmen und Wirksamkeitskontrollen durchzuführen hat.
Subjektiv wahrgenommene Arbeitsbelastungen stellen eine Einflussgröße dar, deren Bedeutung nicht unterschätzt werden sollte. Dazu gehören: Massive körperliche Belastungen durch Heben von Gewicht bei nicht trainierter Muskulatur (insbesondere einseitiges Heben), häufiger starker Wechsel der Umgebungstemperaturen ohne Schutzkleidung, deutlich wechselnde tägliche Arbeitszeiten (oft Schaukeldienste genannt) und häufige oder lang anhaltende Nachtdienste.
Belastbar erscheinende Mitarbeitende werden vermehrt Überstunden oder besonders belastenden Arbeitsbedingungen ausgesetzt. Deren Selbstüberforderung wird durch die Vorgesetzten evtl. nicht erkannt. Auch der Druck von (überforderten) Vorgesetzten ist zu erwähnen, Überstunden z. B. zur Erreichung von Arbeitszielen zu leisten. Dies reduziert natürlich deren Fähigkeit, die Fürsorgepflichten als Arbeitgeber-Vertreter wahrzunehmen. Im biologischen Stress-Modell wird von einer vorübergehenden starken Belastbarkeit ausgegangen, die allerdings ausreichende Erholungsphasen erfordert. Sonst ist danach mit einem Zusammenbruch des gesamten Organismus und seiner Abwehrfunktionen zu rechnen.
Auch in gesellschaftlichen Zuständen und Veränderungen lassen sich Ursachen für den Burnout finden:
Menschen mit fortgeschrittenem Burnout-Syndrom brauchen professionelle Hilfe. In den Anfangsphasen dagegen kann es jederzeit zu relativ spontaner Erholung kommen, das hängt auch von Ursache und Auslöser des Burnout ab. Manchmal reicht ein Chefwechsel, ein neu gefundener Arbeitsplatz oder eine ähnliche Veränderung. Im fortgeschrittenen Stadium vergeht ein Burnout-Syndrom nicht einfach wieder. Das Wichtigste ist jetzt, sich für einige Zeit "auszuklinken", um Körper und Geist ein bisschen Ruhe zu verschaffen. Die körperliche Erholung ist eine wichtige Voraussetzung, um dann - am besten mit Hilfe von professionellen Unterstützern (Psychotherapie, Supervision, Coaching) - an den eigenen Gefährdungen arbeiten zu können. Eine Behandlung mit Antidepressiva wird oft empfohlen, ist aber insofern riskant, als eine Burnout-Depression in der Regel das Ergebnis von massiver Erschöpfung ist. Dadurch unterscheidet sich die Burnout-Depression ganz erheblich von Depressionen sonstiger Genese, die sich häufig in starker Antriebslosigkeit zeigen. Der fortgeschrittene Burnoutler dagegen muss dauernd gegen seinen inneren Antrieb kämpfen, der ihn weiter in die Erschöpfung treibt. Viele Antidepressiva enthalten antriebssteigernde Substanzen - und treiben den Burnoutler weiter in den Teufelskreislauf des "Müssens", liefern ihn erneut der "inneren Peitsche" aus. Letztlich erhöht dieser Effekt die Suizidgefahr ganz erheblich. Sowohl Freudenberger als auch Burisch, zwei ausgewiesene Experten der Burnout-Forschung, warnen davor, Burnout einfach wie Depressionen zu behandeln. Ganz im Gegenteil, sie betonen beide, dass die Burnout-Behandlung solange nicht erfolgreich sein wird, solange man glaubt, sie unter das weite Feld der Depressionen unterordnen zu können.
Die Maßnahmen zur Vorbeugung kann man unterteilen in ganzheitliche Konzepte und in Sammlungen einzelner Empfehlungen.
Das Hauptproblem für die Entwicklung wirksamer Maßnahmen zur Vorbeugung und Behandlung besteht darin, dass der Burnout nicht als Krankheit mit klar definierten Symptomen und Ursachen anerkannt ist. Sicherlich helfen zahlreiche Entspannungs-, Atem- und Meditationsübungen sowie verschiedene sportliche Aktivitäten. Sie treffen aber nicht den Kern des Problems. Je nach Erklärungsmodell fallen auch die Empfehlungen zur Überwindung äußerst unterschiedlich aus. Dennoch kann man als kleinsten gemeinsamen Nenner die Definition von Ferdinand Jaggi und das Stressmodell Arnold Lazarus heranziehen. Nach Jaggi handelt es sich beim Burnout um eine körperliche, emotionale und geistige Erschöpfung aufgrund beruflicher Überlastung. Nach Lazarus wird Burnout durch Stress ausgelöst, der aus Sicht der betroffenen Person nicht bewältigt werden kann. Es handelt sich also um ein subjektiv wahrgenommenes Auseinanderklaffen von externen (beruflichen) Anforderungen einerseits und individuellen Fähigkeiten andererseits - verbunden mit dem Gefühl der Ohnmacht. Zentral ist dabei die (subjektive) Annahme der Überforderung oder mangelnden Kontrolle (Kontrollüberzeugung). Dazu wurden nach David Myers einige Tierexperimente durchgeführt, deren Erkenntnisse auch auf Menschen übertragbar sind. In einem Experiment wurden jeweils zwei Ratten dem gleichen Stress durch leichte Elektroschocks ausgesetzt. Das eine Tier hatte die Möglichkeit, die Stromschläge abzustellen, das andere aber nicht. Das Ergebnis: Die „hilflosen“ Ratten hatten eine signifikant ausgeprägte Immunschwäche und waren wesentlich anfälliger für Krebserkrankungen als die Tiere, die „glaubten“, sie könnten etwas gegen den dauerhaften Stress tun – obwohl beide Testgruppen der gleichen Belastung ausgesetzt waren. Auf diesem Prinzip beruhen die Selbstmanagement-Therapie von Frederick Kanfer und Konzept der Selbststeuerung bzw. Selbstregulierung von Albert Bandura. Bandura hat in einer Studie herausgefunden, dass sich allein aufgrund einer klaren Zielsetzung die Anfälligkeit für depressive Stimmungen signifikant vermindert. Diesen Effekt kann man durch weitere Kompetenzen der Selbstregulierung (Volition) verstärken. Ein Beispiel ist die empirische Studie von June Tangney und Co-Autoren. Diese Forscher haben herausgefunden, dass die Fähigkeit der Selbstregulierung sehr stark mit den meisten Merkmalen des Burnout-Syndroms (negativ) korreliert ist. Das gilt zum Beispiel für die Neigung zum Perfektionismus und zum Bestreben, unrealistischen Standards gerecht zu werden. Beispiele für solche selbst auferlegten Instruktionen sind: „sei perfekt!“, „streng dich an!“, „sei stark!“, „mach es den anderen recht!“ oder „beeil dich!“ Insgesamt sind Personen mit stark ausgeprägten Fähigkeiten der Selbstregulierung weniger anfällig für dysfunktionales Verhalten, sie haben bessere persönliche Beziehungen und verfügen über eine höhere Leistungsfähigkeit.
Das Konzept der Selbststeuerung scheint zahlreiche, empirisch belegte positive Auswirkungen auf die Überwindung des Burnout-Syndroms zu haben. Die Empfehlungen aus der Fachliteratur werden unter den Stichworten der Volition in der Psychologie und im Management diskutiert. Sie lassen sich anhand der nebenstehenden Grafik zusammenfassend wie folgt skizzieren.
Den Ausgangspunkt liefert Howard Gardner mit der Erkenntnis, wonach effektive Führung der eigenen Person (Selbststeuerung), die Klärung von drei fundamentalen Fragen erfordert: (1) „Wer bin ich?“, (2) „Was will ich?“, und (3) „Wie erreiche ich effizient meine Ziele?“
Unsicherheit oder Unklarheit über die erste Frage und damit über die eigene Identität entzieht dem Menschen die Basis des Selbstwertgefühls. Wenn jemand seine Kompetenzen und Stärken nicht kennt und auch kein Feedback einfordert, können Selbst- und Fremdbild auseinander klaffen und verhindern, dass jemand seine Fähigkeiten, Stärken und Talente wirksam einsetzt. Hinzu kommt die Tatsache, dass die Anforderungen an Unternehmen sich immer schneller verändern. Wenn jemand strategische Veränderungen nicht versteht und nachvollziehen kann, ist es ihm auch nicht möglich, seine Kompetenzen an die neuen Anforderungen anzupassen, also zu lernen. Oftmals kommt die Betriebsblindheit durch Routine hinzu, die sich meistens dann einstellt, wenn jemand die gleiche Aufgabe länger als fünf Jahre ausübt. Wird er nicht ständig gefordert, kommt es zur Abstumpfung (trotz – oder gerade wegen hoher Arbeitsbelastung). Die Diskrepanz von Soll- und Istkompetenzen ist laut MIB der Kern der Depersonalisierung.
Eine Antwort auf die zweite Frage (Was will ich?) ist deswegen so wichtig, weil klare Ziele unsere mentale Energie mobilisieren und fokussieren. Dagegen kann es bei fehlenden Zielen, Werten, Perspektiven und somit Energiequellen sehr schnell zur emotionalen Erschöpfung im Sinne des MBI kommen. Erich Fromm hat darauf hingewiesen, dass wir unsere ganze Energie darauf verwenden, das zu bekommen, was wir wollen. Die meisten Menschen fragen aber nicht nach der Voraussetzung dafür, nämlich zu wissen, was sie wirklich wollen. Beispielsweise drängen viele Nachwuchskräfte in die Führungslaufbahn, ohne sich darüber im Klaren zu sein, welche gleichwertigen Alternativen es gibt und ob sie über die notwendigen Führungskompetenzen verfügen. Ein weiteres Problem ist die Tatsache, dass Fach- und Führungskräfte in vielen Berufsgruppen den tieferen Sinn in dem nicht erkennen, was sie tun. Es ist eine Frage der Ethik, die heute weitgehend von politischen Ideologien, vermeintlichen Vorbildern in Massenmedien und in der kommerziellen und politischen Werbung verdrängt wurde. Diese Verwirrung macht es schwer, klare persönliche Ziele zu formulieren und die Aufmerksamkeit auf das zu richten, worauf es wirklich ankommt im Leben. Ziele haben die größte Motivationskraft; sie mobilisieren und fokussieren Energie; sie verhindern das Gefühl der Apathie und steigern die Leistungsfähigkeit.
Die dritte Frage nach der effizienten Vorgehensweise zur Zielerreichung zielt auf die Leistungsfähigkeit. Dahinter verbirgt sich das ökonomische Prinzip des sparsamen Umgangs mit mentalen und zeitlichen Ressourcen. Die emotionalen Kompetenzen sollten helfen, belastende Situationen möglichst schnell und effektiv zu überwinden. Es macht einen erheblichen Unterschied ob jemand eher ängstlich, nervös, reizbar und empfindlich oder eher gelassen ist, und wie viel Zeit er für die Überwindung emotionaler und sozialer Konflikte und Probleme investiert. Einen Beitrag zu mehr Effizienz leistet auch die Entwicklung der praktischen Intelligenz zur Bewältigung alltäglicher Herausforderungen. Fehlen diese Fähigkeiten oder werden sie nicht gefordert, kommt es nahezu zwangsläufig zur Überforderung durch Leistungsschwäche im Sinne des MBI.
Quelle: www.wikipedia.de