Wissenswertes zum Thema "Schizophrenie"
Schizophrenie
(von altgriechisch
σχίζειν
s'chizein
„abspalten“
und φρήν
phrēn
„Seele, Zwerchfell“) ist eine
schwere psychische Erkrankung. Sie gehört zu den endogenen
Psychosen
und ist durch Störungen des Denkens,
der Wahrnehmung und der Affektivität
gekennzeichnet. Es werden verschiedene Erscheinungsformen
unterschieden. Im
stationären Bereich der Psychiatrie
ist die Schizophrenie eine der häufigsten Diagnosen
Der Begriff
„Schizophrenie“ wurde am 24. April 1908 von
dem Schweizer Psychiater Eugen
Bleuler in einer Sitzung des deutschen Vereins für Psychiatrie
erstmals
öffentlich vorgestellt. Im selben Jahr
veröffentlichte Eugen Bleuler den
Artikel „Die Prognose der Dementia praecox
(Schizophreniegruppe)“ in der
„Allgemeinen Zeitschrift für Psychiatrie und
psychischgerichtliche Medizin“ und
1911 die bekannte Schrift „Dementia praecox oder die Gruppe
der
Schizophrenien“. Bleulers Konzept der Schizophrenie trat in
Konkurrenz zum
Konzept der Dementia
praecox (vorzeitige Demenz) von Emil
Kraepelin.
Schizophrenie ist nicht
vergleichbar mit dauerhaften
kognitiven Leistungseinbußen, auch wenn der Begriff Dementia
praecox
diesen Irrtum zu bekräftigen scheint. Es ist Gegenstand der
wissenschaftlichen
Diskussion, ob es sich bei der Schizophrenie um eine einzige
Krankheitseinheit
(Entität)
handelt oder ob sie eine inhomogene Gruppe von Erkrankungen mit
unterschiedlichen Ursachen darstellt.
Aufgrund der unterschiedlichen
Definitionen des
Krankheitsbildes in Europa und den Vereinigten Staaten kam es zu
deutlichen
Unterschieden in den angegebenen Häufigkeiten; die
Einführung eines
einheitlichen Diagnosesystemes (ICD)
führte zu einer mehr einheitlichen Diagnostik. In diesem
System flossen in die
Kriterien für Schizophrenie sowohl die Symptome
der Schizophrenie nach Schneider als auch die Symptome
der Schizophrenie nach Bleuler ein.
Die Ausprägung der
Symptome und deren jeweilige
Auswirkungen hängen bis zu einem gewissen Grad von der
Persönlichkeit ab. Die
Symptome sind insgesamt sehr variabel, individuelle Patienten bleiben
jedoch
oft unter langen Zeiträumen ihrem jeweiligen Symptommuster
treu.
Als Positivsymptome bezeichnet man
die Übersteigerungen
des normalen Erlebens.
Schizophrenien mit
überwiegend positiven Symptomen
beginnen oft plötzlich, und es gibt oft vorher keine nach
außen auffälligen
Merkmale. Der Krankheitsverlauf ist hierbei eher günstig.
Charakteristische Positivsymptome
sind inhaltliche Denkstörungen,
Ich-Störungen,
Sinnestäuschungen und zudem motorische Unruhe. Typisch
für die inhaltlichen
Denkstörungen ist Wahnbildung.
Häufig treten Akoasmen
(akustische Halluzinationen)
auf: Etwa 84 % der an einer schizophrenen Psychose Erkrankten
hören
Stimmen. Befehlende (imperative) sind dabei selten. Häufig
hingegen sind höchst
beleidigende, gedankenkontrollierende Stimmen. Diese können
aus dem leeren Raum
und inmitten von Sätzen, die umstehende Menschen sagen,
auftreten.
Für den Laien wird eine
psychotische Schizophrenie zumeist
an der Wahnsymptomatik
erkennbar: Ein Betroffener glaubt beispielsweise, von
Außerirdischen oder
Geistern aus dem Jenseits beobachtet zu werden (sog. Verfolgungswahn),
dass Nachbarn
oder andere ihn schädigen wollen, dass er nachts im Schlaf von
elektronischen
Geräten (durch die Wand hindurch) bestrahlt wird, dass seine
Gedanken von
anderen gehört werden können oder dass er aufgrund
früherer Sünden Schuld an
Naturkatastrophen trage. Häufig ist auch die wahnhafte
Überzeugung, dass im
Kopf ein Chip oder Ähnliches implantiert sei, mit dem die
Gedanken oder das
Handeln kontrolliert oder sogar gesteuert würden. Wahn
bedeutet eine
unerschütterliche Überzeugung, die auch durch Fakten
nicht zu widerlegen ist,
und ist dadurch gekennzeichnet, dass die eigene Person wesentlich darin
verwickelt ist; für den Betroffenen besteht eine Gewissheit,
dass das wahnhaft
Vorgestellte tatsächlich geschieht.
Zu den Ich-Störungen
zählen Gedankeneingebung
(Gedanken werden eingegeben und nicht selbst gedacht),
Gedankenausbreitung (Andere
denken die eigenen Gedanken mit), Gedankenentzug sowie
Gefühle, Handlungen oder
Impulse, die als fremdgemacht empfunden werden.
Als Negativsymptome
oder Minussymptome bezeichnet man
die
Einschränkungen des normalen Erlebens.
Schizophrenien, die mit
Negativsymptomatik einhergehen,
beginnen oft schleichend, und der Krankheitsverlauf ist eher
ungünstig. Mit
zunehmender Krankheitsdauer verstärken sich
üblicherweise die Negativsymptome.
Zu ihnen gehören
„dynamische Entleerung“, „kognitive
Defizite“
(kognitiv: Auffassung und das komplexe Denken betreffend) sowie
„motorische
Defizite“, also etwa eine Reduzierung von Mimik und Gestik.
Negativsymptome
können schon Monate oder Jahre vor den akuten psychotischen
Symptomen auftreten
[„Knick in der Lebenskurve“,
„Vorauslaufender Defekt“]. Als initiale Symptome
einer Schizophrenie treten sehr oft Schlafstörungen auf,
nicht selten auch depressive
Symptome.
Bei etwa zwei Dritteln der an
Schizophrenie Erkrankten
überdauern die Negativsymptome die Positivsymptome nach einem
akuten Schub
[„schizophrener Defekt“,
„Residualzustand“,
„Residualsymptomatik“]. Diese
unterschiedlich ausgeprägten Einschränkungen
führen zu Kontaktstörung, sozialem
Rückzug und oft auch zu Invalidität. Ein gewisser
Prozentsatz der an
Schizophrenie Erkrankten entwickelt jedoch keine Residualsymptomatik.
„Dynamische
Entleerung“: Dies kann einen Mangel an Motivation zu
Aktivitäten mit
resultierender Antriebsarmut, defizitäre Zukunftsplanung, bis
hin zu
weitgehender Perspektivlosigkeit umfassen. Im weiteren Sinne
könnten auch
depressive Symptome hier zugeordnet werden. Oft kommt es zur typischen Affektverflachung. Die Betroffenen
reagieren gemütsmäßig nur
eingeschränkt auf normalerweise bewegende Ereignisse,
erscheinen durch Erfreuliches wie Unerfreuliches wenig
berührt. Die normale
Schwingungsfähigkeit zwischen verschiedenen affektiven
Zuständen (Freude,
Neugier, Trauer, Wut, Stolz, …) geht verloren.
„Kognitive
Defizite“: Das Denken wird
kurzschrittig; mehrschichtige Zusammenhänge werden in ihrer
Komplexität nicht
mehr begriffen. Das Schreiben von Texten, die mehrgliedrige
Kausalverkettungen
enthalten, gelingt nicht mehr („Verkürzung der
Spannweite des intentionalen
Bogens“). Der sprachliche Ausdruck verarmt. In zugespitzten
Fällen können Perseveration
(stereotypes Wiederholen eines Wortes oder Gedankens) oder Idiolalie
auftreten.
„Motorische
Defizite“: Die Mimik, aber auch das Bewegungsspiel
für Gestik, ist reduziert.
Motorische Einengung kann auch Spracharmut (Alogie) umfassen. Diese
Defizite
lassen den Erkrankten oft abweisend erscheinen,
kontaktgestört. Diese Distanz
lässt sich durch Zuwendung überbrücken, die
von den Erkrankten in der Regel
dankbar angenommen wird, auch wenn sie das durch Mimik und Gestik nicht
zeigen
können. Die Verarmung der Psychomotorik
lässt die affektive Resonanz stärker
beeinträchtigt erscheinen, als sie es ist.
Werden die Patienten also nicht gerade auf einen verfestigten Wahn
angesprochen, sind sie zumeist empfänglich für
Empathie.
Nach Abklingen einer akuten
Krankheitsphase bei einer
schubförmig verlaufenden Schizophrenie folgt gelegentlich eine
vorübergehende depressive Episode
(„depressive Nachschwankung“).
Unterschieden werden sollte
zwischen echten
Negativsymptomen und den Nebenwirkungen der Therapie mit einem
Neuroleptikum. Die
Nebenwirkungen von Neuroleptika können das Vorliegen einer
Negativsymptomatik
imitieren.
Wichtig ist eine
sorgfältige Diagnose, da sämtliche
Symptome einer Schizophrenie, also Positiv- wie Negativsymptomatik,
auch durch Epilepsie oder andere
Erkrankungen des Gehirns, Stoffwechselstörungen
und durch den Konsum oder den Entzug von Drogen hervorgerufen werden
können. Als problematisch gilt, dass zwischen dem
tatsächlichen Ausbruch der Krankheit und ihrer Diagnose eine
erhebliche
Zeitspanne liegen kann. Studien zeigen, dass erste
Veränderungen schon fünf
Jahre vor der ersten akuten Psychose
zu beschreiben sind. Die erste Behandlung erfolgt durchschnittlich zwei
Monate
nach dem Beginn der ersten akuten Phase. Zur Verkürzung dieser
Zeit der
unbehandelten Erkrankung wurden inzwischen sogenannte
Früherkennungszentren
eingerichtet, die u. a. über das Kompetenznetz
Schizophrenie im Internet recherchiert werden können.
Vor allem im deutschen Sprachraum
findet man auch noch die Einteilung der Symptome
der Schizophrenie nach Bleuler in Grundsymptome und akzessorische
Symptome sowie die Unterscheidung der Symptome nach Symptomen
ersten und zweiten Ranges nach Schneider.
Heute folgt die Klassifikation von
Erkrankungen aus dem
schizophrenen Formenkreis der ICD-10
oder DSM-IV.
Diagnostische Leitlinien: Das
ICD-10 führt 9
Symptomgruppen ((a)-(i)) an. Von den festgestellten Symptomen muss
über einen
Zeitraum von mindestens einem Monat (beinahe ständig)
mindestens ein Symptom
aus den Gruppen (a) bis (d) oder
wenigstens zwei Symptome aus den Gruppen (e) bis (h) zutreffen. Die
Gruppe (i)
dient zur Diagnose der „Schizophrenia simplex“
(ICD-10 F20.6).
Schizophrenien können
sowohl schubweise als auch chronisch
verlaufen, wobei die schubweise Verlaufsform häufiger ist. Ein
Schub, also eine
akute Krankheitsphase, kann mehrere Wochen bis Monate dauern. Danach
klingt die
Krankheit mehr oder weniger vollständig ab, bis nach Monaten
oder Jahren ein
neuer Schub erfolgt. Nur selten bleibt es bei einem singulären
Schub.
Zwischen den einzelnen
Schüben kann es zu einer
vollständigen Remission (Zurückbildung) der Symptome
kommen. Üblicherweise
folgt der akuten Phase jedoch eine Residualphase mit negativen
Symptomen.
Solche Restsymptome sind zum Beispiel soziale Isolation,
Beeinträchtigung der persönlichen Hygiene,
auffallende Sprachmuster
(Sprachverarmung), Depressivität oder Antriebsmangel. Bei
manchen Verläufen
bleiben die Residualsymptome stabil, bei anderen werden sie nach jedem
Schub
stärker. Der erste Krankheitsschub beginnt typischerweise
zwischen Pubertät und
dreißigstem Lebensjahr. Bei Frauen beginnt die erste
schizophrene Episode in
der Regel etwas später als bei Männern (etwa drei
Jahre); so genannte
Spätschizophrenien (erster Schub nach dem 40. Lebensjahr)
treten hauptsächlich
bei Frauen auf. Als Grund für diesen geschlechtsspezifischen
Unterschied wird
eine die Erkrankung eindämmende Wirkung des bei Frauen
höheren Östrogenspiegels vermutet.
Besonders problematisch sind
schleichend beginnende Fälle,
die häufig zu einem chronischen Verlauf der Krankheit
führen. Selbst wenn in
diesen Fällen eine akute Episode (Schub) den schleichenden
Verlauf unterbricht,
bleiben die oben beschriebenen Residualsymptome bestehen (Janzarik:
„Vorauslaufender
Defekt“).
Prädiktoren für
einen günstigen Verlauf sind unauffällige
Primärpersönlichkeit, höheres
Ausbildungsniveau, gute soziale Anpassung,
ungestörte Familienverhältnisse, akuter
Krankheitsbeginn, erkennbare
psychosoziale Auslösefaktoren und ausgeprägte
affektive und paranoide Symptome.
Prädiktoren für einen ungünstigen Verlauf
sind: soziale Isolation, längeres
Bestehen der Episode vor einer Behandlung, vorangegangene
psychiatrische
Behandlungen, frühere Verhaltensauffälligkeiten (ADHS)
und fehlende Beschäftigung.
Gravierend ist auch die
Suizidgefahr: Etwa 10–15 %
aller Erkrankten sterben durch Selbsttötung;
dies betrifft am häufigsten jüngere
männliche Erkrankte.
In extrem seltenen Fällen
können bei Kindern Formen von schizophrenen Psychosen etwa ab
dem achten
Lebensjahr auftreten. Die wichtigsten Symptome dabei sind
Sprachzerfall,
Kontaktverlust und affektive
Störungen. Schizophrenien bei Kindern vor dem Schulalter sind
nicht
diagnostizierbar, da die Symptome die Beeinträchtigung des
Denkens, Sprechens, der Wahrnehmung und Gefühlswelt
voraussetzen und
diese Fähigkeiten in
diesem Alter noch nicht hinreichend entwickelt sind. Von der kindlichen
Schizophrenie, die als plötzlicher Knick in einer bis dahin
normalen
Entwicklung verstanden werden muss, muss man den kindlichen Autismus (Kanner-Syndrom
und Asperger-Syndrom)
unterscheiden. Dieser zeigt sich bereits ab Geburt oder Krabbelalter.
Bis in die 80er Jahre wurde
angenommen, dass es im höheren
Alter nicht zu Ersterkrankungen kommt. Daher wurde die Diagnose von
Schizophrenie nur bei Patienten unter 45 Jahren zugelassen. Personen,
die
schizophrenie-ähnliche Symptome aufwiesen, aber
höheren Alters waren, wurden in
der Regel andere Wahnerkrankungen attestiert.
Neue Studien, welche in den
Niederlanden und
Großbritannien durchgeführt wurden, kamen jedoch zu
Ergebnissen, die diese
Behauptungen widerlegen. Diesen Untersuchungen zufolge steigt die Zahl
der
Erstaufnahmen für Schizophrene ab dem 70. Lebensjahr erheblich
an und erreicht
im hohen Alter Werte, die noch über den Erstaufnahmeraten
jüngerer Jahrgänge
liegen.
Die Lebenszeitprävalenz,
an einer
schizophrenen Psychose zu
erkranken, beträgt 1 Prozent: Das heißt, statistisch
gesehen, durchlebt jeder
Hundertste mindestens einmal im Leben eine schizophrene Episode.
Schizophrenie
ist also eine verbreitete Krankheit.
Die Inzidenzraten (Neuerkrankungen)
pro Jahr liegen unter
denen der Lebenszeit-Prävalenz bei etwa einer Person von
10.000, wie aus einer WHO-Multicenterstudie
(Jablenski, 1995) hervorgeht.
Männer und Frauen
erkranken in etwa gleich häufig.
Allerdings erkranken im Durchschnitt Frauen später (zwischen
dem 25. und 30.
Lebensjahr) als Männer (zwischen dem 20. und 25. Lebensjahr).
Schizophrenien
kommen in allen Kulturen der Welt mit gleicher Häufigkeit vor,
aber das
jeweilige Erscheinungsbild wechselt mit den soziokulturellen
Gegebenheiten. So
findet man beispielsweise den Subtypus einer katatonen
Schizophrenie in Industrieländern viel seltener (fast gar
nicht mehr) als
in Entwicklungs- und Schwellenländern.
Als Erklärungsmodell zur
Ätiologie der schizophrenen Psychosen geht man derzeit
von einem multifaktoriellen Modell aus, bei dem genetisch-biologische
und
psychosoziale Ursachen in einem Wechselspiel eine Schizophrenie
auslösen
können. So wie es im Vulnerabilitäts-Stress-Modell
dargestellt wird, wonach das Überschreiten einer nicht
definierten Menge Stress
der Faktor ist, der die Psychose bei einem vulnerablen Menschen
ausbrechen lässt. Als zentral wird eine Störung der
Regulation der
Informationsverarbeitung angesehen.
Exponenten der antipsychiatrischen
Bewegung
wie zum Beispiel der Psychiater Ronald D. Laing sahen
die Ursache der Schizophrenie jedoch nicht in einem
genetisch-biologischen
Defekt, sondern vielmehr darin, dass die Individuen, welche an einer
sogenannten „Schizophrenie“ leiden, das
gesellschaftliche Gleichgewicht durch
ihr Unter- oder Überschreiten der Norm stören. Dabei
verwendet Laing u. a.
Begriffe wie den der „sozialen
Kontrolle“. Ähnlich kritisch gegenüber
biologistischen Konzepten
argumentieren heute Vertreter der Kritischen
Psychologie u. a. nach Klaus
Holzkamp.
Die Zwillingsforschung
hat eine genetische Komponente der Schizophrenie, die durch eugenisch
geprägte Forscher wie
Rüdin oder Manfred Bleuler überschätzt
wurde, relativiert. Je näher die
Verwandtschaft mit einem Schizophreniekranken, desto wahrscheinlicher
wird auch
eine eigene Erkrankung. Bei einem schizophreniekranken Elternteil
beträgt sie
5-10 %, bei kranken Geschwistern 8–10 %,
bei eineiigen Zwillingen
45 % und etwa 21 % bei zweieiigen Zwillingen
(Wäre die Schizophrenie eine rein genetisch
verursachte Krankheit, müsste sie bei eineiigen Zwillingen
100 %
betragen). So könnte man sich die beobachtete erhöhte
Konkordanz bei eineiigen im
Vergleich zu zweieiigen Zwillingen oder zu genetisch nichtidentischen
Geschwistern auch durch die erleichterte Übertragung
intrauteriner Infektionen
von der Mutter auf einen oder beide Föten einer
Zwillingsschwangerschaft
erklären.
Es gibt auch Hinweise auf einen
Zusammenhang von
Schizophrenie mit frühkindlichen
Hirnschädigungen, etwa durch Geburtskomplikationen. An
Schizophrenie
erkrankte Menschen weisen eine erhöhte Quote an Komplikationen
bei ihrer
Geburt auf. Insgesamt fallen bei diesen Betroffenen die
Behandlungsprognosen
schlechter aus.
Weiterhin gibt es einige Befunde,
die vermuten lassen,
dass frühkindliche Infektionen
eine Rolle spielen. Die Häufung schizophrener Erkrankungen bei
Menschen, welche
in Großstädten sowie in den ersten drei Monaten des
Jahres geboren wurden,
stützt diese Hypothese. Zu
den Infektionen, die im Verdacht stehen, das Ausbrechen schizophrener
Psychosen
zu begünstigen, gehören einerseits bestimmte Viren (Herpes-simplex-Virus
Typ II, Influenza-
und Borna-Viren),
andererseits stehen auch Protozoen wie Toxoplasma gondii und
bestimmte Borrelien unter
Verdacht. Da diese Hinweise jedoch überwiegend auf dem
Nachweis von Antikörpern im Blutserum
schizophrener Patienten beruhen, sind sie aufgrund methodischer
Unsicherheiten
umstritten.
In bestimmten Untersuchungen des
Gehirns von schizophrenen
Patienten kann man Anomalien feststellen – teilweise auch
schon zu Beginn der
Erkrankung. Dabei zeigt sich eine statistisch signifikante
Häufung dieser
Anomalien in Struktur- und Funktionsuntersuchungen bei schizophrenen
Patienten
gegenüber nicht-schizophrenen Personen. So weisen manche
schizophrene Patienten
leicht erweiterte Hirnventrikel
(Seitenventrikel) auf. In der feingeweblichen Untersuchung von
Hirngewebe
verstorbener Schizophrener ist teilweise ein Mangel an Nervenfasern und
Nervenverbindungen im Bereich der Amygdala, des Hippocampus und anderen
limbischen Strukturen,
des Temporallappens
und der frontalen Hirnregionen nachzuweisen wie auch andere
Auffälligkeiten der
Mikrostruktur. Dennoch sind diese Befunde nicht spezifisch für
die
Schizophrenie – sie finden sich nicht bei allen schizophrenen
Patienten. Bei
einer Positronen-Emissionstomografie
ist bei schizophrenen Patienten oft eine verminderte Aktivität
des Frontalhirns
zu erkennen. Dies nennt man Hypofrontalität. Bislang wurde
jedoch nicht
geklärt, ob es sich bei der beschriebenen Veränderung
um eine verminderte
Aktivität des frontalen
Cortex handelt oder nur um seine verminderte Aktivierbarkeit aufgrund
einer
krankheitsbedingten erhöhten Basisaktivität.
Während einer
schizophrenen Psychose kommt es auch zu
biochemischen Veränderungen im Gehirn. Dabei spielt der
Neurotransmitter Dopamin eine große Rolle (Dopaminhypothese).
Ein
Teil der Nervenzellen, die Dopamin als Neurotransmitter verwenden, sind
in der
Psychose überaktiv, andere unteraktiv, womit man heute
einerseits die
sogenannten Positivsymptome (als Folge der
Überaktivität des einen Teils) und
andererseits die Negativsymptome (als Folge der Unteraktivität
eines anderen
Teils des Dopaminsystems) erklärt. In diesem Transmittersystem
wirken auch die Medikamente, welche die
positiven schizophrenen Symptome günstig beeinflussen oder
beseitigen können,-
die so genannten Neuroleptika.
Ein anderer Botenstoff, das Glutamat,
ist seit neuestem mehr in den Mittelpunkt des Interesses
gerückt, seit eine
Studie Hinweise auf eine Wirksamkeit eines (noch nicht im Handel
erhältlichen)
Medikaments erbracht hat, das auf dieses System einwirkt.
Diese Befunde lassen vermuten, dass
die neurobiologischen
Grundlagen der Schizophrenie nicht auf einen bestimmten Punkt im Gehirn
festzulegen sind. Möglicherweise kommt es aufgrund einer Reihe
biologischer
Faktoren wie genetische Faktoren, Sauerstoffmangel bei der Geburt und
eventuell
frühkindliche Infektionen zu einer
Entwicklungsstörung des Gehirns, welche sich
in einer veränderten Vernetzung von Nervenzellen in der
Ultrastruktur des Hirns
äußert. Diese und möglicherweise andere
Ursachen führen zu einer Vulnerabilität der noch
nicht erkrankten Person. Allerdings können bereits bestimmte
neuropsychologisch
nachweisbare Symptome, so genannte Basissymptome, vorhanden sein. Bis
zur
völligen Ausreifung des Gehirns können die
Vulnerabilität und die dadurch
eventuell bedingten geringen Basissymptome kompensiert werden. In der
Adoleszenz oder später kann
es dann bei hinzukommenden psychosozialen Belastungen - oder
bei starker
Vulnerabilität auch spontan ohne diese - zum Ausbruch
der schizophrenen
Psychose kommen. Man nennt dies das Diathese-Stress-Modell.
Letztlich kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht
ausgeschlossen werden, dass es
sich bei dem überwiegend phänomenologisch definierten
Krankheitsbild der
Schizophrenie nur um die gemeinsame Endstrecke verschiedener,
funktionell
völlig unabhängiger Pfade der Krankheitsentstehung
handelt. Für eine solche
Sichtweise spricht unter anderem das Auftreten schizophrenieartiger
psychotischer Symptome bei einer Reihe von organischen Erkrankungen wie
z. B. bei der Epilepsie und im Verlauf von HIV-Infektionen.
Auffallend ist, dass akute
Schübe häufig in besonders
belastenden und veränderungsträchtigen
Lebenssituationen auftreten, etwa Auszug
aus dem Elternhaus, Heirat, Arbeitsplatzwechsel, Renteneintritt,
Todesfall in
der Familie usw. Zusammenfassend bezeichnet man diese als
„belastende
Lebensereignisse“.
Die frühere Annahme eines
schizophrenieauslösenden
Familienmilieus (insbesondere der „schizophrenogenen
Mutter“) gilt als
überholt. Allerdings hat das in der Familie
herrschende Klima („Expressed-Emotion-Theorie“)
einen großen Einfluss auf den Verlauf, das
Rückfallrisiko und die Prognose der
Erkrankung.
Lange Zeit war auch die
Doppelbindungstheorie
als Erklärungsmuster populär. Dabei handelt es sich
um widersprüchliche bis
paradoxe Kommunikationsmuster, von denen man annahm, dass sie Einfluss
auf die
Entstehung einer Schizophrenie haben könnten. Auch dies hat
sich nur teilweise
als haltbar erwiesen.
Ich-Entwicklungsdefizite
oder gravierende Vernachlässigung
in den ersten Lebensjahren können dagegen Faktoren sein, die
zu einer größeren
Vulnerabilität, also Krankheitsanfälligkeit,
führen. Dem derzeit aktuellen Diathese-Stress-Modell
(nach Zubin, Ciompi)
zufolge sind es also bestimmte Belastungssituationen, die im
Zusammenwirken mit
anderen ungünstigen Faktoren bei Menschen mit einer
angeborenen „Anfälligkeit“
für psychische Erkrankungen zum Ausbruch einer schizophrenen
Psychose führen
können.
Es gibt starke Hinweise
dafür, dass der Cannabiswirkstoff THC bei Menschen
mit genetischer Disposition nach dem
Vulnerabilitäts-Stress-Modell
durch nachteilige Beeinflussung der Transmittersysteme (z. B.
im
Hippocampus) eine Schizophrenie auslösen kann oder den
Ausbruch in einem
jüngeren Lebensalter begünstigt, insbesondere, wenn
Cannabis mit Amphetamin kombiniert wird.
Ob jemand die Anlage in sich trägt, ist meist unbekannt. Das
Auftreten von
Schizophrenien in der näheren Verwandtschaft kann jedoch ein
starker Hinweis
sein.Cannabis scheint die Entwicklung von Psychosen im Allgemeinen zu
begünstigen. Aber auch Steroide, Kokain, Phencyclidin und
Ethanol können psychotische
Zustände auslösen. Auch Psilocybin
kann psychische Erkrankungen wie eine Schizophrenie auslösen
oder zumindest
einen Ausbruch begünstigen. Jedoch kommt es auch hier ganz auf
die jeweilige
Persönlichkeit an. Psilocybin ist ein Wirkstoff, der in
halluzinogenen Pilzen
vorhanden ist.
Zöliakie
und Laktoseintoleranz
können bei Personen, die eine genetische Disposition zur
Schizophrenie haben,
psychotische Zustände auslösen oder
verstärken (wenn diese zu viel Gluten bzw. Milch zu sich
nehmen).
Schon Kraepelin und Kretzschmer
hatten
festgestellt, dass viele schizophrene Frauen Zeichen für eine
"Unterfunktion der Keimdrüsen" mit
"Hypoöstrogenismus"
zeigten. Östrogene scheinen
zahlreiche Neurotransmittersysteme, unter anderem das dopaminergene, zu
beeinflussen. Östrogene verbessern die Gehirndurchblutung,
stimulieren das
Neuronenwachstum und die synaptische Vernetzung und wirken allgemein
neuroprotektiv. In klinischen Studien konnten bei schizophrenen Frauen
unregelmäßige Zyklen und im Vergleich zu den
Normwerten gesunder Frauen
erniedrigte Estradiol- und Progesteronspiegel
festgestellt werden. Schon sehr früh wurden Versuche zur
Hormonsubstitution
angestellt und über Erfolge berichtet. Es sind jedoch nur
wenige Details dieser
Versuche bekannt. In jüngster Zeit gab es Interventionsstudien
mit ermutigenden
Ergebnissen. Es wird berichtet, dass bei psychotischen Frauen durch
eine
adjuvante Östrogengabe zusätzlich zu Neuroleptika
eine raschere Besserung
eintrat als bei der Kontrollgruppe. Bei postmenopausalen Frauen mit
Schizophrenie, bei denen eine Östrogensubstitution erfolgte,
konnte eine
geringere Minussymptomatik festgestellt werden. Sie benötigten
zudem
signifikant niedrigere Dosen von Neuroleptika.
Pränatale beziehungsweise
perinatale Komplikationen, wie
zum Beispiel Plazentainsuffizienz oder Hypoxie oder auch Infektionen in
der
Schwangerschaft sind ein Risikofaktor für spätere
schizophrene Erkrankungen des
Kindes.
Schizophrenie trat bei Kindern von
Müttern, die ihr Kind
in der späten Schwangerschaft als "ungewollt" bezeichnet
hatten, etwa
doppelt so häufig auf wie bei erwünschten Kindern.
Menschen, die die ersten
fünfzehn Jahre ihres Lebens in
der Stadt verbracht haben, erkranken ungefähr zwei bis drei
Mal so häufig an
Schizophrenie wie Landkinder. Dies wurde bei einer dänischen
Untersuchung mit
1,9 Millionen Teilnehmern herausgefunden und durch andere Studien
bestätigt.
Über die Gründe für diese
Stadt-Land-Unterschiede ist nichts bekannt. Sie
zeigen jedoch, dass nicht nur genetische Gründe Schuld am
Ausbruch einer
Schizophrenie sind.
Die folgenden Unterformen der
Schizophrenie bedeuten keine
abschließende Aufzählung. Häufig kann eine
Psychose aus dem schizophrenen
Formenkreis keiner dieser Formen eindeutig zugeordnet werden; es gibt
viele
Mischformen und Überschneidungen. Die folgenden Formen
beschreiben gleichsam
symptomatische Schwerpunkte innerhalb der schizophrenen Psychosen und
sind keine
abschließende Definition.
Hierbei handelt es sich um die
häufigste Form der
Schizophrenie. Wesentliche Merkmale sind hierbei Wahnvorstellungen,
Ich-Störungen und
akustische Halluzinationen
(bspw. imperative [befehlende] oder kommentierende Stimmen), die in ca.
80%
aller Fälle vorkommen. Die Wahnvorstellungen können
z. B. eine Überwachung
oder Fremdbeeinflussung, Kontakt zu 'Außerirdischen' oder
'Göttern' zum Inhalt
haben und werden durch eventuell auftretende Halluzinationen
verstärkt. Im
Vordergrund steht hier die Positivsymptomatik; Negativsymptome treten
kaum auf.
Die Hebephrenie ist eine im
Jugendalter beginnende Form
der schizophrenen Psychose.
Hier stehen affektive
Veränderungen, also Veränderungen der Stimmung der
Person, Antriebsstörungen und Denkstörungen
im Vordergrund. Die Betroffenen werden häufig als verflacht
und emotional verarmt beschrieben.
Oft kann man einen Entwicklungsknick
beobachten: plötzlicher Leistungsabfall
in der Schule, Abbruch sozialer Beziehungen,
auffallende Antriebslosigkeit oder Isolierung. Aufgrund
dieser Symptome ist die
Abgrenzung einer Hebephrenie von üblichen, nicht krankhaften
Pubertätsschwierigkeiten nicht
einfach. Der hebephrenen Schizophrenie wird im ICD-10 eine eher
ungünstige
Prognose zugesprochen.
Hier setzt die Krankheit im
Erwachsenenalter langsam und
schleichend ein, wobei die auffallenden halluzinatorischen und
paranoiden Symptome fehlen. Aus diesen
Gründen wird sie auch als blande
Psychose
bezeichnet. Die an Schizophrenia simplex
Erkrankten werden von ihrer Umwelt als „seltsam“
oder „verschroben“ empfunden
und ziehen sich mehr und mehr zurück. Die Schizophrenia
simplex ist
gekennzeichnet durch das Vorhandensein von Negativsymptomen und
schreitet
langsam fort. Sie kann therapeutisch
kaum beeinflusst werden, und hat also eine eher ungünstige
Prognose. Die Suizidrate unter Betroffenen ist
hoch.
Im Allgemeinen gilt dieses
Störungsbild als schwer diagnostizierbar, unter
anderem wegen starker definitorischer Überschneidungen mit der
schizotypen
Störung. In der ICD-10
wird sogar von der Diagnosestellung abgeraten. Im DSM-IV ist die
Schizophrenia
simplex gar nicht definiert.
Bei der katatonen
Schizophrenie prägen psychomotorische
Symptome das Erscheinungsbild. Es können zum Beispiel
Haltungsstereotypien
(eigenartige Haltungen werden eingenommen und über lange Zeit
beibehalten)
auftreten. Im katatonen Stupor
ist der Patient bewegungslos bei voll erhaltenem Bewusstsein. Er ist
wie
erstarrt und spricht nicht. Eine Unterform des Stupor ist die Katalepsie
bei der man den
Kranken wie eine Gliederpuppe bewegen kann. In der katatonen Erregung (Raptus)
kommt es zu starker motorischer Unruhe
(„Bewegungssturm“). Erregung und Stupor
können schlagartig wechseln.
Der katatone Stupor
kann zu Nahrungs- und Flüssigkeitsverweigerung führen
und die Betroffenen
können nicht auf die Toilette gehen. Daher ist der katatone
Stupor ein
lebensgefährlicher psychiatrischer
Notfall.
Eine Schizophrenie ist abzugrenzen
von anderen psychischen Störungen,
z. B. von:
Am häufigsten wird
Schizophrenie aber bei Klienten mit
einer Dissoziativen
Identitätsstörung fehldiagnostiziert, obwohl beides
Erkrankungen völlig
unterschiedlicher Genese sind (DIS ist eine
Traumafolgestörung). Das liegt vor
allem daran, dass die sogenannten „Schneiderschen
Positiv-Symptome“ häufiger
bei Klienten mit einer DIS vorkommen als bei Schizophreniekranken
selbst, dass
diese Positiv-Symptome also eher charakteristisch für das
Vorliegen einer
Dissoziativen Identitätsstörung sind. Dies zeigte
sich schon 1992 in ersten
Untersuchungen von Ross und Joshi (Schneiderian Symptoms and childhood
trauma
in the General Population. Comprehensive Psychiatry. (31(2). S.
269-273. Zu dem
gleichen Ergebnis kam Kluft schon 1987, Ross bestätigte diese
Ergebnisse in
weiteren Studien.
Bis heute sind schizophrene
Störungen nicht im
eigentlichen Sinne „heilbar“. Insbesondere erwiesen
sich die früher
praktizierten „harten Kuren“ wie Insulinschock
oder Operationen am Frontallappen
des Gehirns der Patienten als kontraproduktiv. In der Schweiz, gerade
auch in
Zürich unter der Ägide von Eugen
Bleuler und seines Sohnes Manfred, wurden als
schizophren Diagnostizierte zwangssterilisiert.
Im Dritten Reich galt Schizophrenie ebenfalls als Diagnose, welche
„Unfruchtbarmachung“ zwecks
„Verhütung erbkranken Nachwuchses“ zur
Folge hatte.
Allerdings gibt es eine ganze Reihe von
Behandlungsmöglichkeiten, die es den
Erkrankten ermöglichen, ein weitgehend
„normales“ Leben zu führen.
In einer akuten Phase steht dabei
häufig die medikamentöse
Behandlung im Vordergrund. In erster Linie werden dabei sog.
Neuroleptika (alte
Bezeichnung: Antipsychotika) eingesetzt, die spezifisch auf
psychotische
Symptome (positive Symptomatik, also etwa die Halluzinationen) wirken.
Aber
auch den sogenannten Minus-Symptomatiken (negative Symptomatik) wie
Antriebslosigkeit, Affektverflachung oder Depressivität wirken
Neuroleptika
entgegen. Sie wirken auf den Neurotransmitterstoffwechsel
ein und können oft relativ schnell die Akut-Symptomatik
mildern oder
beseitigen. Neuroleptika führen nicht zu einer
Gewöhnung oder Abhängigkeit.
Ältere Neuroleptika wirken vornehmlich auf den
Dopaminstoffwechsel
(= typische Neuroleptika). Da das Dopamin wesentliche
Funktionen
bei der Bewegungssteuerung hat, treten in diesem Bereich teilweise
gravierende
Nebenwirkungen auf (sog. extrapyramidal-motorische Nebenwirkungen):
Dyskinesien
(Bewegungsstörungen, hauptsächlich im Gesichtsbereich
und an den Extremitäten),
parkinsonähnliche
Symptome und Akathisie
(quälende Bewegungsunruhe). Besonders problematisch sind
hierbei die sog.
Spätdyskinesien, die erst nach längerer Zeit der
Einnahme auftreten, nach
Absetzen der Medikation teilweise jedoch bestehen bleiben. Neuroleptika
können
zu Hyperprolaktinämie führen und dies wiederum kann
Unterdrückung der
Estradiolproduktion bewirken. Es sind Langzeitfolgen wie emotionale
Labilisierung, Osteorporose, eine Erhöhung des
kardiovaskulären Risikos und
kognitive Störungen zu befürchten. Deswegen wird oft
eine Östrogensubstitution
durchgeführt.
Neuere Neuroleptika haben bei
vergleichbarer
antipsychotischer Wirkung keine oder bedeutend weniger
extrapyramidal-motorische Nebenwirkungen. Sie werden atypische
Neuroleptika oder Antipsychotika der 2./3. Generation genannt. Bei
diesen
Medikamenten treten dann andere Nebenwirkungen wie z. B. die
Gewichtszunahme und eine Erhöhung des Risikos von Diabetes
mellitus in
den Vordergrund (vgl. auch Zyprexa-Skandal).
Bei Frauen werden insbesondere bei nachgewiesenem
Östrogendefizit atypische
Neuroleptika oft bevorzugt, da Langzeitfolgen eines
Östrogenmangels zu
befürchten sind. Bei einer Umstellung von einem typischen auf
ein atypisches
Neuroleptikum kann es zu einer Normalisierung des Zyklus und zu einer
Wiederherstellung der Fruchtbarkeit kommen. Somit sind ungeplante
Schwangerschaften möglich. Dies ist vor allem deswegen
problematisch, weil es
durch die atypischen Neuroleptika zu Fehlbildungen beim ungeborenen
Kind kommen
kann.
Für vorgenannte atypische
Neuroleptika gilt grundsätzlich,
dass sie nicht – wie frühere
Präparate – ausschließliche
Dopaminantagonisten sind, sondern den gesamten Dopaminstoffwechsel
entsprechend
regulieren. Nach jüngsten Erkenntnissen der evidenzbasierten
Medizin ist davon auszugehen, dass bestimmte Hirnareale durchaus auch
von
einem Dopaminmangel betroffen sein könnten, weshalb die
Applikation früherer
Neuroleptika zunehmend sinkt.
Zusätzlich werden manchmal
Antidepressiva oder
angstlösende Medikamente (Tranquilizer)
verschrieben.
In neuere Studien wird der Einfluss von Eicosapentaensäure auf Schizophrenie untersucht.
In Deutschland ist diese
Behandlungsmethode sehr
umstritten, was vor dem Hintergrund der Geschichte des Landes nicht
unverständlich ist. International ist die
Elektrokrampftherapie bei der
Schizophrenie und verwandten Psychosen keine Methode der ersten Wahl,
wird aber
in einzelnen Fällen, in denen die Erkrankten anders kein
erträgliches Leben
erreichen können, angewendet.
Im Beginn, der sich häufig
schleichend entwickelt, und in
der akuten Phase ist die vertrauensvolle Bindung des Patienten an
seinen Therapeuten
von größter Wichtigkeit. Mit ihr steht und
fällt der Behandlungserfolg. Als
wesentliche Basismaßnahme wird heutzutage die sogenannte
Psychoedukation
empfohlen. Hierauf aufbauend folgen die weiteren Therapien:
Das geringe Wissen
in der Gesellschaft
über Schizophrenie führt zu Vorurteilen
und Stigmatisierung.
Psychisch Kranke leiden neben den psychotischen Störungen
zusätzlich unter dem
Befremden ihrer Umgebung. Aber auch bei den Erkrankten selbst stellt
sich
Abwehr ein, wenn sie ihre Diagnose erfahren. Sie wird als
Herabwürdigung oder
Vorwurf aufgenommen. Das muss im Umgang mit psychisch Kranken
berücksichtigt
werden, sollen die Therapie und - wichtiger noch – die
anschließende
Rezidiv-Prophylaxe erfolgreich sein.
Im Anfangsstadium einer
Schizophrenie - meist entwickelt
sich die Erkrankung über einen längeren Zeitraum -
wird der Patient nicht nur für seine
Umgebung auffällig. Er spürt unterschwellig auch,
dass er sich verändert hat,-
dass Leistungseinbußen aufgetreten sind. Häufig geht
das Prodromalstadium mit
depressiven Symptomen einher und so mit einem
Krankheitsgefühl. In diesem
Stadium kann die notwendige Krankheitseinsicht vermittelt werden, was
später,
hat sich erst einmal ein Wahn verfestigt, im ärztlichen
Gespräch nicht mehr
möglich ist. Nur im Anfangsstadium hat der Arzt die
Möglichkeit, den Patienten
sachlich und mit Zuwendung (Empathie)
über seine veränderte Befindlichkeit
aufzuklären. Die wissenschaftliche
Diagnose muss im Behandlungsbeginn offen ausgesprochen werden, wenn der
Behandler für den Patienten glaubwürdig bleiben will.
Dabei sind Beschämung und
Widerstand des Patienten gegen die Diagnose einzukalkulieren mit der
Konsequenz, ihn sogleich zu entlasten durch die Versicherung, dass ihn
die
Erkrankung schicksalshaft trifft, dass er sie nicht verschuldet hat und
weiter,
dass die Heilungschancen heute gut sind, wenn er sich behandeln
lässt.
Therapeutisch hat sich dieses Vorgehen bewährt, auch wenn
psychodynamisch
orientierte psychiatrische Schulen (C. Mundt, Heidelberg) in der
Entlastung des
Patienten eine Entmündigung sehen.
Ein möglichst
früher Beginn einer konsequenten Therapie
hat die Prognose verbessert. Vereinfachend lässt sich sagen,
dass sich bei etwa
einem Drittel der Patienten die Psychose
komplett zurückbildet,- sowohl bei behandelten als auch bei
unbehandelten
Patienten. [42] Bei
einem weiteren Drittel bleiben Residualsymptome
(siehe oben), oder es kommt zu erneuten akuten Schüben. Im
verbleibenden
Drittel chronifiziert der Verlauf und führt zu schweren
psychosozialen
Einschränkungen, die eine dauerhafte Betreuung notwendig
machen.
Quelle: www.wikipedia.de