Hallo,
so genau weiß ich nicht, wie ich beginnen soll. Ich habe von einigen Beiträge gelesen, die mich sehr erschüttert haben und irgendwie meine "Problemchen" wieder in den Hintergrund treten lassen. Ich muss dazu sagen, dass ich auch einige meiner Steine auf dem Weg meines Lebens schon beiseite schaffen oder zumindest einigermaßen bearbeiten konnte. Dennoch stolpere ich immer wieder über die Ausläufer. Das Schlimme für mich dabei ist, dass ich Sozialpädagogik studiert habe und auch in diesem Job als Selbständige arbeite Aber dennoch im Privatleben stürze. Ich helfe Menschen sehr gerne, ich sehe meinen Job nicht als harte Arbeit an, sondern als eine Berufung. Dennoch vergesse ich mich oft selbst dabei. Ich müsste doch wissen, wie man damit klar kommt, zumindest werfe ich mir das dann vor.
Vielleicht beginne ich damit, Eckpunkte meines Lebens aufzuschreiben.
Meine leiblichen Eltern haben sich scheiden lassen als ich ca. zwischen einem dreiviertel und eineinhalb Jahre alt war. Durch das damalige DDR-Gesetz war es meinem Vater nicht möglich Kontakt zu mir zu haben, es wurde ihm verboten und er musste mich zur Adoption frei geben. Als ich drei Jahre alt war heiratete meinen Mutter erneut und ein Jahr später bekam ich eine Schwester. An meinem 7. Geburtstag starb mein Großvater, den ich über alles liebte. Seither war mein Geburtstag immer mit dem Todestag verbunden und wurde nie richtig gefeiert. Ich kann mich nur noch an einzelne Situationen meiner Kindheit erinnern, aber diese waren geprägt von Schlägen von Seiten meines Stiefvaters (er adoptierte mich) und der ständigen Demütigung von Seiten meiner Stiefgroßeltern.Ich fühlte immer als Kind und Jugendliche, dass irgendetwas in dieser Familie nicht stimmte und kam immer zu dem Ergebnis, dass ich dieser Fehler war. Aber wissen konnte ich es nicht. Meine Stiefgroßeltern behandelten mich immer anders als die "leiblichen" Enkel und ich habe es nie verstanden.
Auch die Schulzeit viel mir sehr schwer, denn meine Mitschüler hänselten mich, wo es nur ging. Auch dies habe ich nie verstanden, irgendwie passte ich nie irgendwohin.
Meine Eltern ließen mich alleine mit schulischen Problemen, sie konnten mir nicht helfen. Das was sie taten waren Vorwürfe, ich würde nicht einmal mehr als Kloputze taugen. Mein Stiefvater war jähzornig, schlug um sich, verprügelte mich. Meine Mutter war hilflos. Ich bettelte sie so oft an, ihn zu verlassen, doch sie tat es nicht.
Mit 16 hatte ich zum ersten Mal den Mut ihm ins Gesicht zu sagen, dass ich ihn anzeigen werde, wenn er noch ein einziges Mal die Hand gegen mich erhebt. Er hörte zwar auf zu schlagen, aber seine Launen wurden nicht besser. Mit 18 fing ich an zu studieren, auch hier war ich eher Außenseiter. Mit 19 haben mir meine Eltern gesagt, dass ich nicht die Tochter meines bis dahin geglaubten Vaters sei. Ich dachte ja immer, das mein Stiefvater mein Vater ist. Ich fiel aus allen Wolken, ich hatte Fragen, aber bekam kaum Antworten. Wollte mich mein Vater nicht? Was war passiert? Mir wurde damit der Boden unter den Füßen weggerissen, ich fühlte mich wurzellos. Ich schlug mich 1,5 Monate mit diesen Gedanken und Fragen herum, bis ich mir ein Herz fasste und zu meinem leiblichen Vater fuhr. Ich wollte Antworten. Zum Glück nahm mich mein Vater mit offenen Armen auf und gab mir ein paar Antworten. Vieles weiß ich aber bis heute nicht. Vor allem wusste es jeder in
meiner Umgebung, nur ich nicht. Als es endlich heraus kam nahmen einige
Menschen dies zum Anlass mit mir zu brechen. Jetzt mussten sie ja keine
heile Welt mehr vorspielen. Am schlimmsten waren die Stiefgroßeltern. Ich bekam nichts mehr zu Weihnachten, mir wurde nicht zum Geburtstag gratuliert und wenn ich nicht das tat, was von mir verlangt wurde, dann hieß es ich hätte keinen Anstand.
2007 nach einer gescheiterten Beziehung lernte ich leider einen Typen kennen, der mir zwar durch eine schwere Zeit half, sich dann aber in mich verliebte und mich zu einer Beziehung zwang. Ich wollte das nie, doch wenn ich auszubrechen versuchte zwang er mich bei ihm zu bleiben, sonst würde er sich und mir etwas antun. Ein Jahr später hielt ich es nicht mehr aus und es kam zur Eskalation. Er wollte mich umbringen, aus Eifersucht, aus falscher Liebe, aus Minderwertigkeitskomplexen... Ich entkam nur knapp mit einigen Blessuren, ich konnte die Polizei rufen. Seit dem kämpfe ich um mein Recht. Die Anzeige hat nichts gebracht, er wurde nicht verurteilt. Es kam ein Täter-Opfer-Ausgleich, der aber noch heute andauert, da er nicht zahlt. Ich verlor alles wegen ihm, Wohnung, Einrichtung, Geld. Ich war am Ende. Ich litt unter Angst und Panikzuständen, fühlte mich von ihm verfolgt (was er auch tw. tat). Ich ging in Therapie, musste Anti-Depressiva nehmen, nahm dadurch über 10kg zu und ging letztendlich 2009 in Reha. Was zudem noch passierte war, dass es zu Weihnachten 2008 einen großen Familienstreit gab. Mein Stiefvater rastete aus, als ich zu Besuch war und schmiss mich aus dem Haus. Meine Mutter wollte sich deswegen umbringen. Doch sie blieb bei ihm und ich ging. Ich brach damals den Kontakt zu meinen Eltern vorerst ab, aber zu meinen Stiefgroßeltern, die mich an ihrer goldenen Hochzeit, öffentlich bloßstellten, brach ich ihn gänzlich ab. Meine Mutter war am Boden zerstört, zu ihr hielt ich langsam wieder Kontakt. Mein Stiefvater entschuldigte sich nach zwei Monaten meiner Mutter zuliebe. Seither ist das Verhältnis besser geworden.
Die Reha und die Therapie haben mir zwar in einigen Punkten die Augen geöffnet, doch ich habe mich letztendlich selbst aus allem herausgezogen. Da auch die Arbeit damals sehr stressig war, ein Privatleben damit nicht möglich, habe ich mich letztes Jahr dazu entschlossen mich selbständig zu machen. Und es funktioniert!
Auch lernte ich nach 2 Jahren einen Mann kennen und lieben und wir sind nun seit einem Monat verlobt. Wir wollen im Mai nächsten Jahres heiraten.
Doch meine Vergangenheit holt mich immer wieder mal ein.
Ich habe nicht das beste Selbstvertrauen, auch wenn ich eigentlich stolz darauf sein könnte, was ich bisher erreicht habe. Und das nagt an mir.
So, dies war meine Lebensgeschichte in Kurzfassung. Es fällt mir noch heute schwer das Vergangene ruhen zu lassen. Ende November werde ich zum ersten Mal seit 3 Jahren wieder auf meine Stiefgroßeltern treffen. Ich habe Angst davor. Denn ich bin mir nicht sicher, ob diesmal meine Eltern endlich richtig hinter mir stehen und sich für mich einsetzen. Das, was sie schon vor Jahren hätten tun müssen.
Ich stehe derzeit ziemlich unter Druck. Die Angst belastet mich sehr, was passieren könnte. Zudem ist der Job auch nicht so einfach als Selbständige und ich habe Angst, dass mein fehlendes Selbstvertrauen meine Beziehung belastet. Wir hatten ein paar Streits, bei denen ich fast explodierte wie ein Vulkan, ich wusste mir in diesen Momenten einfach nicht zu helfen und konnte mich auch nicht beruhigen. Ich weiß selbst nicht, wie es so eskalieren konnte. Alles in mir Aufgestaute kam heraus. Und ich hoffe dies irgendwie in den Griff zu bekommen. Aber ich bin mir nicht sicher, ob ich dies alleine schaffe.
Lg, callas_104